ALLIANZ (Ober) sticht Seehofer (Unter)

ALLIANZ (Ober) sticht Seehofer (Unter)

allianz_seehoferIm Kartenspiel ist die hierarchische Ordnung klar geregelt: Ober sticht Unter. Im politischen Geschäft gelten ähnliche Regeln. Jüngstes Beispiel: die Rentenpolitik der CSU.

Für viele überraschend hatte sich Partei-Chef Horst Seehofer Anfang April zur Rentenpolitik folgendermaßen neu positioniert.

„Höhere Altersbezüge für alle – und die Rückabwicklung der Riester-Rente. Die Anfang des vergangenen Jahrzehnts beschlossene Kürzung des Rentenniveaus wird seiner Einschätzung nach dazu führen, “dass etwa die Hälfte der Bevölkerung in der Sozialhilfe landen würde”. Dies betreffe besonders Frauen, die oft weniger verdienen als Männer und ihre Berufstätigkeit zugunsten der Familie unterbrechen. Bei der Reform müsse der gesetzliche Anteil an der Rente im Zentrum der Überlegungen stehen. Nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung sorge privat fürs Alter vor. “Die Riester-Rente ist gescheitert.”…

Die “Neoliberalisierung” des vorigen Jahrzehnts sei gescheitert, sagte Seehofer. “Wir brauchen beide Lungenflügel, den marktwirtschaftlichen und den sozialen.”“

(zitiert aus tagesschau.de vom 8.4.16 – https://www.tagesschau.de/inland/seehofer-rente-103.html)

Das war ein Schlag ins Kontor und wir vom Seniorenaufstand bekamen hier und da Glückwünsche über den neuen mächtigen Bündnispartner. Und der CSU-Landesseniorenverband freute sich, weil Seehofer mit den Äußerungen auf der Linie seiner Beschlüsse argumentierte.

Der Schlag ins Kontor erreichte vor allem die Vorstände der deutschen Versicherungskonzerne. Ihr Spitzenverband GDV hatte gerade durch Bert Rürup und das PROGNOS-Institut ein politisches Konzept erarbeiten lassen, wie der Anteil der privaten Vorsorge von 20% auf 30% des Gesamtvolumens der Rentenversicherungsbeiträge erhöht werden könnte – eine Umsatzsteigerung für sie von jährlich 25 bis 30 Mrd. € (näheres hier).

Keine drei Monate später bezieht Max Straubinger in einem Schreiben an www.rentenpolitikwatch.de im Namen der gesamten CSU-Landesgruppe im Bundestag eine völlig andere Position als Seehofer. „Wir stehen zu den Reformmaßnahmen der Vergangenheit … Mit uns wird es keine Generalrevision der Rentenpolitik der vergangenen 25 Jahre geben… An der staatlichen Riester-Förderung halten wir fest.“ (das gesamte Schreiben hier)

Das heißt im Klartext, die CSU-Bundestagsabgeordneten beabsichtigen die Politik der systematischen Verarmung im Alter fortzusetzen.

Straubinger ist Generalvertreter der ALLIANZ in Niederbayern. Man kann getrost davon ausgehen, dass die ALLIANZ und mit ihr der GDV für den Inhalt des Schreibens steht.

Und Seehofer? Wir haben seine starken Worte wahrscheinlich alle nur falsch verstanden? Oder hat er das Kreuz, sich mit der ALLIANZ anzulegen? Das wäre dann eine noch größere Üerraschung und der Beweis, dass es immer auch Ausnahmen von der Regel gibt.

(Reiner Heyse, 24.06.2016)