Das geht uns an: 1 Million Chilenen demonstrieren gegen private Rentenfonds

  1. August 2016: Über eine Million Menschen demonstrierten in 50 Städten Chiles gegen die katastrophalen Folgen der Rentenprivatisierung.

santiago_chile_160821300.000 am 21.8.16 in Santiago de Chile

Das ist ein Aufschrei gegen die 1980 unter dem Diktator Pinochet durchgesetzte vollständige Umwandlung der Umlagefinanzierung in kapitalgedeckte Versicherungen. An diesem Systemwechsel waren die neoliberalen „Chicago Boys“ unter Führung Milton Friedmans unmittelbar beteiligt. Die privaten Pensionsfonds (AFP) sind die großen Gewinner. Altersarmut nimmt in Chile dramatisch zu.

Hohe Verwaltungskosten und niedrige Erträge bringen den Pensionären weniger an Rentenzahlungen als sie vorher eingezahlt haben.

Die Chilenen haben jetzt 35 Jahre Erfahrung mit dem neoliberalen Altersvorsorgeweg.

In Deutschland wurde die Strategie zur teilweisen Privatisierung vor gerade 15 Jahren begonnen. Alle Anzeichen  sprechen dafür, dass die chilenischen Erfahrungen auch die deutschen sein werden, wenn nicht umgesteuert wird.

Der Reformdruck in Chile ist gewaltig. Eine Million Demonstranten würden in Deutschland ca. 5 Millionen entsprechen. Gingen hier 5 Millionen auf die Straße, würden die Rentenreformen mit Sicherheit in die richtige Richtung gedrückt werden können:

Umlagefinanzierung, an der alle Erwerbstätige beteiligt werden, und ausreichende gesetzliche Sicherungen gegen ein Abrutschen in Altersarmut.

(Reiner Heyse, 28.08.2016)

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10 Kommentare

  1. Das habe ich heute in einem größeren Pressebericht entnommen und gebe meine Meinung dazu in klammern wieder
    Das Prinzip der Volkssouveränität ist eine Errungenschaft.(Nur wo? doch nicht hier in Deutschland oder sonst wo wenn man mal von der Schweiz absieht oder auch mal in Ausnahme im zuge des Brexis. )Es besagt, dass jede Form von Herrschaft in Deutschland vom Volk legitimiert ist. Strafzettel fürs Falschparken, Steuerbescheide, Gerichtsurteile – all das muss auf den Souverän zurückzuführen sein. (Auch dass zweifel ich an.) Und der Souverän, das sind wir: das Volk. (Wenn man aber in der Presse aber alles dass was man in den zurückliegenden Jahrzehnte so als Bürger erlebt hat dazu die vielen Berichte der letzten Zeit so verfolgt, so muss man zu der Erkenntniss kommen, dass es Gegenteilig ist. Nicht nur in den einzelnen Bundesländern sondern auch beim Bundestag und in Gerichten wenn es wie hier schon berichtet z.B um die Renten geht.)Einer der vornehmsten Artikel des Grundgesetzes postuliert die Volksherrschaft: Artikel 20. Es kann einem warm ums Herz werden, wenn man diese kräftigen Sätze liest, die daherkommen wie Banalitäten und doch das Fundament der Gesellschaft bilden.

  2. Hallo Herr Losehand,
    anscheinend sind sie nicht richtig darüber informiert.
    Vor dem Bundesverfassungsgericht wird alles was Rentner betrifft abgeschmettert.
    Da kann die Verfassungsbeschwerde noch so perfekt herausgearbeitet sein.
    Gründe sind vielfältig aber:
    Das Bundesverfassungsgericht hat in diversen Urteilen seit 1981 deutlich gemacht, dass für die gesetzliche Rentenversicherung im Vergleich zu anderen Altersvorsorgesystemen (Beamtenversorgung, berufsständische Versorgung) der Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3) und der Eigentumsschutz für gezahlte Beiträge (Artikel 14) des Grundgesetzes nicht gelten.

    1. Hallo C.S. ,
      das können die Parteien aber ändern. Nur müssen die Beschäftigten und die Rentner zusammenstehen. Denn die Beschäftigten von heute sind die Rentner von morgen.
      Wenn diese gesellschaftliche Gruppe nach dem Motto des Seniorenaufstandes:
      ” Wer Rentner quält, wird nicht gewählt. ”
      hand3eln würde, hätten wir auf der Stelle eine für uns positive Rentenreform.

      Paul Weidmann

  3. Der Leidensdruck in Chile ist offensichtlich immens so dass eine politische Demo diesen Ausmaßes zu Stande kommt. In Chile ist so eine Demo nötig, um Volksvertreter auf das Problem und dessen Lösung aufmerksam zu machen. Bei uns dagegen nicht, denn die Rentendiskussion nimmt Fahrt auf. Warum mischt Herr Mittlstädt in seinem Kommentar Demo und Streik in einen Topf und meint sogar das Bundestag und Bundesregierung das GG nicht beachten – was für ein irrwitziger Vorwurf! In unserem Rechtsstaat kann jeder Bürger bis Parteien sich bis zum Verfassungsgericht seine Rechte und Grundrechte einklagen. Politische Demo ist geschützt; politischer Streik soll nicht möglich sein und ist in einer Demokratie obsolet.

  4. Ich bewundere die chilenischen Demonstranten gegen die Rentenpolitik. Bei uns wird weder gegen die Rentenpolitik noch gegen das Verbrechen Hartz-IV demonstriert. Und würden wir tatsächlich so stark demonstrieren, wie jetzt in Chile oder vor Wochen in Frankreich, würde unsere Regierung wahrscheinlich wieder Tiefflieger der Bundeswehr gegen die eigene Bevölkerung einsetzen, wie vor einigen Jahren grundgesetzwidrig in Rostock gegen die Heiligendamm-Demonstranten.
    Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem das Volk, aber nicht Bundestag und Bundesregierung das Grundgesetz beachten müssen: “Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung (vermutlich die ‘verfassungsmäßige Ordnung’ aus Artikel 20,3 GG) zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.” steht in Artikel 20,4 GG. Wer stellt wann fest, ob andere Abhilfe möglich wäre oder nicht? In Deutschland gibt es nicht einmal ein Streikrecht, geschweige ein politisches Streikrecht. In Deutschland ist ein Streik lediglich nicht verboten.

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