Die Frankfurter Rundschau pfuscht die Altersarmut weg!

Vor 5 Monaten veröffentlichte die Bild am Sonntag einen üblen Artikel zur Lage der Rentner („nach uns die Armut / Sintflut“) und engagierte als „wissenschaftlichen“ Kronzeugen Prof. Straubhaar. Wir hatten uns die Mühe gemacht, den Bild/Straubhaar-Behauptungen mit 10 Richtigstellungen in einer Broschüre entgegenzutreten. Wir vermuteten, dass die Argumente der Rentner-Verhöhner uns in Zukunft öfter begegnen werden. Wir haben leider Recht behalten.

Jüngstes Beispiel ist der Artikel „Die Legende von der Rentner-Armut“ in der Frankfurter Rundschau vom 7.8.2015, geschrieben von Karl Doemens.

Die Zahl der Älteren wächst also stärker als die der armen Senioren? Richtig!“ behauptet er und „belegt“ das durch einen unfassbar durchsichtigen Trick.

Die Zahl der über 60jährigen steigt über einen Zeitraum von 23 Jahren von 1990 bis 2013 um 33%.

Die Zahl der Grundsicherungsbezieher über 65 Jahre betrachtet er über 2 (!) Jahre und stellt einen Zuwachs von 15.000 Alten in Armut (+3%) fest.

Die Zahlen stammen sämtlich von destatis. Hätte Doemens etwas gründlicher recherchiert, hätte er Folgendes zu berichten gehabt:

Die statistische Erhebung der Grundsicherungsbezieher im Alter (über 65 Jahre) wurde 2003 begonnen. Die Zahlen entwickelten sich von 257.734 im Jahr 2003 auf 511.915 im Jahr 2014 – das ist eine Steigerung von 98,6 % in 11 Jahren.

Die Zahl der über 65jährigen stieg von 14,86 Millionen im Jahr 2003 auf 16,85 Millionen im Jahr 2013 – das ist eine Steigerung von 13,4% in 10 Jahren.

Sieht man sich das Ganze als Kurve in dem zeitlichen Verlauf an, wird sehr deutlich welchen Unsinn Herr Doemers mit seiner Behauptung verzapft hat:

fr_altersarmut_02

Die Grafik zeigt die Änderung der Anteile Grundsicherungsempfänger im Alter an der Gesamtzahl der über 65jährigen sowie die Änderung der Anteile der über 65jährigen an der Gesamtbevölkerung.

Nimmt man also die Daten über gleiche Zeiträume und mit den gleichen Personengruppen kommt man zu dem eindeutigen Ergebnis: Die Altersarmut steigt seit über 10 Jahren um ein Vielfaches stärker als die Zunahme der Alten an der Gesellschaft selbst.

Diese Erkenntnisse sind wahrlich nicht neu und der Paritätische Gesamtverband hat im Februar eine gründliche Studie zur Armut in der Bundesrepublik erstellt, die das genau herausgestellt hat.

Es ist erstaunlich, wie bemüht gegen diese eindeutige Datenlage angeschrieben wird. Oder vielleicht auch nicht so erstaunlich, wenn am Ende des Artikels vermeintlich das Herz für allein erziehende Mütter entdeckt wird, nachdem man vorher die Rentenreform des letzten Jahres (abschlagsfreie Rente ab 63, Rentenpunkt für Erziehungszeiten) als politischen Fehler kritisiert hat. Die Schablone der BILD/Straubhaar-„Argumente“ ist überdeutlich erkennbar.

Dass über die Frankfurter Rundschau derartig gepfuschte Analysen verbreitet werden, ist wirklich ein Trauerspiel!

(Reiner Heyse)

Siehe auch

„Themen“: Altersverarmung

„Vorträge/Infos“: BILD hetzt und verdreht – 10 notwendige Richtigstellungen