IG Metall setzt ihre Rentenkampagne fort – Gutes Beispiel in Emden

Der IG Metall Vorstand hat Anfang Juni beschlossen, die 2016 begonnene Rentenkampagne fortzusetzen. Basis dafür ist der Kampagnenbeschluss vom Juli 2016. Der Fortsetzungsbeschluss ist sehr wichtig, weil die rentenpolitischen Pläne der neuen Bundesregierung eine Fortsetzung der Rentensenkungen bringen werden. Der Auftrag und die Zusammensetzung der neu berufenen Rentenkommission wird für eine weitere Schwächung der umlagefinanzierten, solidarischen Rente sorgen. Höchste Zeit zur Gegenwehr und mit klaren Forderungen und Konzepten eine Umkehr zu bewirken.

Starkes Interesse an der IG Metall – Rentenkampagne in Emden im Februar 2017 – Die Kolleginnen und Kollegen bleiben am Ball:

Rede auf der IG Metall-Delegiertenversammlung in Emden, Juni 2018

Moin Kolleginnen und Kollegen,

mein Name ist Friedrich-Bernd Albers, Delegierter von Volkswagen, aus dem Bereich Rohbau. Ich bin ebenfalls Mitglied des Arbeitskreises ‚Gut in Rente‘ der Geschäftsstelle Emden.

Kolleginnen und Kollegen, über das Thema Rente soll es auch in meinem kleinen Vortrag gehen.

Das Thema Rente ist seit Jahren in der Gesellschaft aktuell, kein Wunder, denn die Gewissheit, dass die Armut im Alter massiv um sich greift ist vielen Menschen bewusst.

Hauptursache dafür ist die Rentenreform der rot-grünen Bundesregierung, auch als Riesterrente bekannt.

Damals hat man beschlossen, das Niveau der gesetzlichen Rente bis auf 43% bis zum Jahre 2030 abzusenken. Diese selbst geschaffene Versorgungslücke sollte über die kapitalgedeckte Altersvorsorge abgedeckt werden.

Das Bundesamt für Statistik meldet seit Jahren einen stetigen Anstieg von Altersarmut.

Im Juni 2016 erhielten in Deutschland insgesamt rund 1 035 000 Personen Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom Staat.

Diese Zahl dürfte noch um einiges höher liegen, denn viele Menschen, welche die Grundsicherung in Anspruch nehmen könnten, machen dieses nicht aus Scham, Unwissenheit oder Angst.

Die Zahl der Rentner, welche unterhalb der Armutsschwelle liegen, dürfte bei ca. 3,4 Millionen Menschen liegen, so der Paritätische Wohlfahrtsverband.

Diese Zahlen brauchen einen nicht wundern, denn schließlich sind sie logische Konsequenz einer Politik, welche die gesetzliche Rente systematisch kaputt macht.

Kolleginnen und Kollegen, ich möchte näher, wenn auch nur bruchstückhaft, auf die Rentenpläne der neuen Bundesregierung eingehen.

Diese verspricht ‚Gerechte und verlässliche Renten‘! Was genau heißt das für diese Bundesregierung?

Punkt 1: Absicherung der gesetzlichen Rente auf dem heutigen Niveau von 48% bis 2025!

Durch die Rentenreformen der rot/grünen Bundesregierung von 2003 fällt das Rentenniveau bis 2030 auf 43%.

Dieses wird nun also gestoppt und auf 48% vor Steuern ‚eingefroren‘. Das beschreibt aber nur den Status Quo, denn bis zum Jahr 2024 wäre das Rentenniveau nicht unter 48% gesunken (Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung im Dezember 2017).

Wie praktisch, man kann als Ergebnis eine “Haltelinie” beim Sicherungsniveau verkaufen, welche sowieso schon mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten wird.

Zudem wird die Rente nach Steuern weiter sinken, da der Besteuerungsanteil steigen wird (Alterseinkünftegesetz). So wird die Rente um einige Prozentpunkte niedriger ausfallen und man landet bei ca. 45%.

Punkt 2: Einführung der Grundrente

(Im letzten Koalitionsvertrag hieß dieses noch solidarische Lebensleistungsrente, die eine Aufwertung der erworbenen Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung beinhaltete.)  Die Grundrente kann man in Anspruch nehmen, wenn man in der Grundsicherung landet und 35 Jahre an Beitragszeiten nachweisen kann.

Das ist schon eine recht hohe Hürde, so dass viele Menschen es nicht in Anspruch nehmen können.

Die Grundrente soll 10% über der regionalen Grundsicherung liegen, also bei ca. 880,00 Euro.

Die Aufstockung auf diese Summe ist aber bedürftigkeitsabhängig, soll heißen, die betroffenen Personen werden wie im Hartz System eine Bedürftigkeitsprüfung durchlaufen müssen.

Die Menschen müssen zuerst Ihre Vermögensverhältnisse offenbaren, und bis auf das Schonvermögen von 5000 Euro Ihre Ersparnisse aufbrauchen.

Kolleginnen und Kollegen, hier werden zwei Systeme vermischt, welche überhaupt nichts miteinander zu tun haben, die Bedürftigkeitsprüfung hat in der gesetzlichen Rente nichts zu suchen.

Diese geplante Grundrente ähnelt eher einer Sozialhilfeleistung als einer Rente. Im Kern ist die Grundrente damit also nur eine etwas aufgebesserte Grundsicherungsleistung.

Punkt 3: Mütterrente II

Mütterrenten gibt es zwei Sorten, für Kinder, welche ab 1992 geboren wurden gibt es 3 Rentenpunkte, für Kinder die vor 1992 geboren wurden, gibt es 2 Rentenpunkte (der zweite Rentenpunkt wurde mit der ‚Mütterrente I‘ 2014 eingeführt.)

Nun soll es den dritten Rentenpunkt für vor 1992 geborene Kinder auch kommen.

Man höre und staune, dieses soll aber nur für Mütter und Väter gelten, welche drei und mehr Kinder geboren und/oder erzogen haben.

Kolleginnen und Kollegen, was soll man davon halten? Anstatt jetzt diese Ungerechtigkeit aufzuheben, wird hier eine dritte Gruppe geschaffen, und eine weitere Trennlinie gezogen.

Ein weiterer sozialpolitischer Aufreger ist die Anrechnung der Mütterrente auf die Grundsicherung.

Die Mütter, denen es materiell sehr schlecht geht, weil sie Grundsicherung im Alter beziehen müssen, werden von dieser Belohnung (das ist keine Belohnung, sondern eine Lohn-Ersatzleistung für die, die nicht in die Rentenkasse eingezahlt haben, sondern Kinder erzogen haben) ihrer Lebensleistung, nämlich Kind(er) geboren und erzogen zu haben, ausgeschlossen werden.

Denn die “Mütterrente”, die ja eigentlich zu einer höheren Rente führt, wird mit der Grundsicherungsleistung vollständig verrechnet, so dass sie keinen einzigen Cent mehr auf dem Konto haben.

Die anfallenden Kosten der Mütterrente bezahlen wir, die gesetzlich Rentenversicherten, obwohl es sich hier um eine allgemeine Aufgabe des Staates handelt und aus Steuermitteln finanziert werden müsste.

So werden nochmals etwas über 10 Milliarden Euro Beitragsgelder unserer Rentenkasse ‚entnommen‘.

Die Kosten für die Mütterrente zahlen alleine die Arbeiter und Angestellten, es handelt sich um eine versteckte Steuer, aber es ist doch eine tolle Sache für die Politik, wenn man sich bei unserer Kasse bedienen kann, denn die schwarze Null im Bundeshaushalt muss ja stehen.

Kolleginnen und Kollegen, das versteht die Bundesregierung also unter gerecht und verlässlich! Das ist Flickschusterei an den Zuständen, welche die Regierungsparteien selber zu verantworten haben.

Solche Rentenkonzepte verhindern nicht die Altersarmut, sie mildern nicht die Altersarmut, nein, solche Konzepte machen die Rente noch komplizierter, unübersichtlicher und ungerechter.

Gerecht ist da gar nichts dran!!!!

Verlässlich hingegen ist es schon!

Die wertschöpfende Klasse, die Arbeiter und Angestellten können sich darauf verlassen, weiterhin in der Altersarmut zu landen, bzw. von Ihr bedroht zu sein.

Verlässlich ist es auch für diejenigen, welche an dem Geschäftsmodell Riesterrente Milliarden verdienen, die Banken und Versicherungen können sich darauf verlassen, dass die Ölquelle, welche angebohrt wurde, weiter sprudeln wird.

Diese Sozial- und Rentenpolitik bedroht den sozialen Frieden unserer Gesellschaft.

Aber nichts anderes kann passieren, wenn man eine friedenssichernde Einrichtung wie die gesetzliche Rente zerstört, allein zugunsten der Versicherungs- und Finanzmärkte (die Spenden an Parteien sprechen für sich).

Kolleginnen und Kollegen, man muss sich allen Ernstes fragen, was das Ganze soll.

Denn auch rein ökonomisch gesehen, muss man sich nach dem Sinn & Zweck einer solchen Politik fragen, wer hat etwas davon, wenn es immer mehr arme oder von Armut bedrohte Rentner gibt.

Denn diese sind auch Mitglieder in der Gewerkschaft, in Vereinen und Parteien, kaufen sich Zeitungen, gehen zum Frisör, gehen essen oder reisen.

Die von der gesetzlichen Rentenkasse ausgezahlten Renten fließen sofort wieder in den Wirtschaftskreislauf und erhalten & schaffen damit auch Arbeitsplätze.

Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss meines Vortrages möchte ich ein Zitat anbringen, welches es genau auf den Punkt bringt und sich ein Jeder in diesem Land verinnerlichen sollte. Es stammt von dem ehemaligen SPD Bundestagsabgeordneten Rudolf Dreßler. Rudolf Dreßler ist heute unter anderem in der ‚Allianz gegen Altersarmut‘ aktiv. Auf einer dieser Veranstaltungen hat er treffend und richtig gesagt:

„Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, der Sozialstaat ist keine Last“

In diesem Sinne, ich bedanke mich für das Zuhören.

(Friedrich Albers, 29.06.2018)