Veranstaltung in Emden – hilft nur noch der Gang auf die Straße?

Ein Bericht von Antje Poelmann (Verdi) und Friedrich Albers (IG Metall)

Veranstaltung der IG-Metall Emden zum Thema Zukunft der gesetzlichen Rente am 23.02.17 in der VHS Emden.

Für einen Strategiewechsel in der Rentenpolitik

Stärkung der gesetzlichen Rente – Paritätische Finanzierung – Erwerbstätigenversicherung

Podiumsdiskussion mit: Johann Saathoff (SPD, MdB), Markus Paschke (SPD, MdB), Jutta Krellmann (Die Linke, MdB), Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen, MdB) und Michael Hehemann (Geschäftsführer IG Metall Emden).
v.l.n.r. Michael Hehemann, Jutta Krellmann, Markus Paschke, Johann Saathoff, Markus Kurth

 

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Eröffnungsrede des Geschäftsführers der IG Metall Emden Michael Hehemann. Er fand die richtigen Worte und machte mit einer kämpferischen Ansage den/der Bundestagsabgeordneten klar, dass die IG Metall die gesetzliche Rente in den Mittelpunkt der Altersvorsorge stellt und es nicht länger hinnehmen will, das private Vorsorge, egal ob Riester- oder Betriebsrenten, tragende Säulen der Altersvorsorge bilden.

Der Veranstaltungsort war von jungen Gewerkschaftern hergerichtet worden, so wurden die vom Arbeitskreis ‚Gut in Rente‘ entworfenen Postkarten für die Unterschriftenaktion auf eine Leine aufgezogen, hinter dem Podium platziert. Die restlichen 1500 Postkarten wurden in Paketen an die Abgeordneten verteilt- je nach Verantwortung für die Altersarmut- wurde das Paket größer.

Gut informiertes und kritisches Publikum in Emden

 

Die Veranstaltung moderierte die Gewerkschaftssekretärin Franka Helmerichs, die einsprang, da die geplante Moderatorin kurzfristig absagen musste.

Am Anfang gaben alle Podiumsteilnehmer ihre Position in einem Statement zum Besten. In diesem und den folgenden Antworten war es einzig Frau Krellmann, die die gesetzliche Rente als einzige sichere in den Mittelpunkt stellte. Zwar forderte auch Herr Saathoff (MdB) die Abwicklung der Riesterrente. Ein Bekenntnis zur gesetzlichen Rente vermisste man aber auch bei ihm. Es sprachen zwar alle Abgeordneten eine Erwerbstätigenversicherung an, bei der man mit der Einbindung der Selbstständigen anfangen könnte. Aber, Beamte mit einzubeziehen, würde Bund und Länder überfordern und Mehrheiten dürften im Parlament dafür nicht zu erreichen sein.

Durch ihre Fragen, Zwischenrufe und Aussagen zeigte sich das Publikum gut informiert und dass sie den üblichen  Aussagen rentenpolitisch Verantwortlicher nicht  (mehr) glauben. Immerhin bemerkte Markus Paschke (MdB), dass der Bundeszuschuss an die gesetzl. Rente dafür da ist, um versicherungsfremde Leistungen zurückzuzahlen, die der gesetzlichen Rentenversicherung aufgelastet wurden und werden. Leider erwähnte er nicht, dass alle Bundesregierungen der seit 1957 noch nie alle Entnahmen aus den Rentenbeiträgen vollständig zurück erstattet hat und die gesetzl. Rente auch deshalb geschwächt ist.

Das wurde dann von einem Zuhörer gleich mit der ersten Frage mit klarer und aufgebrachter Stimme auf den Punkt gebracht, wofür er tosenden Applaus erhielt. Eine andere Wortmeldung unterstützte ihn mit den Worten: “Über unsere Rentenkasse und Rente bestimmen nur Politiker und Richter, die das gar nicht interessiert, weil sie selbst nicht betroffen sind.“

Johann Saathoff (MdB) bemerkte, dass die Plünderung der Rentenkasse mit der Wiedervereinigung begann. Mehrere Zwischenrufe, dass das schon viel früher begonnen habe, entgegnete er, dass er zu jung sei, um das zu wissen. Er erweckte den Eindruck, dass er sich mit Thema nicht auskennt und eher desinteressiert wirkte.

Die Frage, warum Erziehungszeiten vor 1992 mit 2, danach mit 3 Rentenpunkten bewertet wird, konnte niemand beantworten. Ebenso wurden Fragen nach der zu geringeen Witwenrente gestellt, welche auch nur ausweichend beantwortet wurden.

Markus Kurth (MdB) bleibt dabei, wie auch die SPD,  dass eine private zusätzliche Rentenversicherung notwendig sei. Diese Aussage bezieht sich auf Zurufe aus dem Publikum zu den Änderungen von Andrea Nahles.

Der Beifall für Jutta Krellmann sprach für sich und offenbarte, wie schwach die Antworten der anderen Politiker waren. Diese bezog als einzige der anwesenden Abgeordneten eine klare Position.

Insgesamt war das Publikum eher enttäuscht und empfanden, bis auf Jutta Krellmann und Michael Hehemann, die Podiumsteilnehmer desinteressiert und überheblich. So war es auch kein Wunder, das Michael Hehemann während der Diskussion einwarf, dass nur noch der Gang auf die Straße helfe, wenn die Politik nichts ändert. Auch hier war ihm Applaus und Zustimmung des Publikums gewiss.

Viele wichtige Fragen der Zuhörer konnten aufgrund der Zeit nicht berücksichtigt werden, war es ohnehin schon schwer, bei dem komplexen Thema Fragen so kurz wie möglich zu halten. Das zeigt, dass der Bedarf Antworten auf Fragen zu erhalten enorm ist und dieses Thema die Menschen bewegt und interessiert. So wurden die Info-Blätter des IGM-Seniorenaufstands aus Kiel mit großem Interesse aufgenommen.

Über 200 Zuhörer, vor allem auch sehr viele junge Leute, nahmen an der Veranstaltung teil.

(Fotos: IG Metall Emden – https://www.igmetall-emden.de/startseite/news/stoppt-den-rentensinkflug-3280)

(Antje Poelmann und Friedrich Albers, 04.03.2017)