Mütterrente – zweifelhafte Gerechtigkeit

Kindererziehung nach 1992 ist drei Rentenpunkte wert, Kindererziehung vor 1992 seit dem 1. Juli 2014 zwei Rentenpunkte (vorher lediglich ein Punkt). Es wird also bestenfalls 50% Gerechtigkeit hergestellt. Finanziert wird diese Maßnahme nicht aus Steuergeldern, sondern vollständig aus Versichertenbeiträgen der Rentenversicherung – der Staat greift in fremde Kassen um staatliche Aufgaben zu finanzieren. Dann gibt es eine Reihe von größeren und kleineren Merkwürdigkeiten, über die der SWR berichtet:

“Perfide Art des Geschenkeverteilens”

Mit der Mütterrente will die Politik der Generation danken, die unseren Wohlstand aufgebaut hat. Doch in der Praxis bekommen viele Frauen diese nur mit hohen Abschlägen.

Die Mütterrente – eine Milchmädchenrechnung?

Der Plan der Bundesregierung klang eindeutig: Etwa 9,5 Millionen Frauen, deren Kinder vor 1992 zur Welt gekommen sind, sollten Kindererziehungszeiten in der Rente besser honoriert bekommen. Pro Kind gab es – rückwirkend zum 1. Juli 2014 – im Westen 28,61 Euro monatlich mehr, im Osten 26,39 Euro. Dies war eine Verdoppelung des bisher gezahlten Zuschlags.

Doch beileibe nicht alle Frauen profitieren nach SWR-Informationen von der Neuerung. Bei bis zu 1,45 Millionen Rentnerinnen kommt die Mütterrente nur gekürzt an, manche Frauen erhalten sogar keinen Cent mehr. Das ergibt eine Berechnung der Deutschen Rentenversicherung für das ARD-Mittagsmagazin.

(Beim Klick auf das Bild öffnet sich der Film bei Youtube.)

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http://youtu.be/-wnvKjaw0L0

Zuschlag übersteigt oft Freibetrag

Grund ist der Freibetrag, der im Westen bei 755,30 Euro und im Osten bei 696,70 Euro liegt. Jeder Euro, den Rentner darüber hinaus einnehmen, wird um 40 Cent gekürzt. In vielen Fällen liegen die Frauen wegen der Mütterrente über dem Freibetrag und müssen deshalb Abschläge in Kauf nehmen. Im Endeffekt führt dies dazu, dass die Frauen ihre Mütterrente nicht in voller Höhe, sondern nur zum Teil erhalten.

Manche Rentnerinnen gehen nach der aktuellen Berechnung der Deutschen Rentenversicherung sogar ganz leer aus. Denn wer von der Grundsicherung lebt, erhält zwar die Mütterrente, doch der Betrag wird in gleichem Umfang von der Grundsicherung wieder abgezogen.

Links rein, rechts raus

Für den Rentenexperten Stefan Sell, Direktor des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz, ein Unding: “Das heißt der Staat steckt den Müttern in die linke Tasche einen Betrag rein und sagt hier, wir honorieren eure Lebensleistung und mit der gleichen Hand holt er sich diesen Betrag aus der rechten Manteltasche wieder raus und die Betroffenen bekommen keinen Cent mehr. Das ist natürlich eine sehr perfide Art des Geschenkeverteilens”, so Sell.

Sell fordert für die Generation der Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, mehr Rente: “Die haben unter viel schwierigeren Bedingungen ihre Kinder aufziehen müssen. Die mussten nämlich alle raus aus dem Arbeitsmarkt, später kamen sie kaum wieder rein. Und dann stellen diese Frauen auch noch fest, dass von diesem mickrigen Betrag, den sie da mehr bekommen, dann auch teilweise gar nichts oder nur ein Anteil bei ihnen ankommt. Das heißt eigentlich sind sie doppelt bestraft.”

Quelle: SWR, 18.12.2014

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/abzuege-von-der-muetterrente-perfide-art-des-geschenkeverteilens/-/id=396/nid=396/did=14744370/1kh1azk/index.html

Gründlich über die merkwürdigen Rahmenbedingungen der Mütterrente informiert Prof. Dr. Stefan Sell auf der Seite (10.01.15):

http://aktuelle-sozialpolitik.blogspot.de/2015/01/10-muetterrente.html