Wenn der Herzog sich um die Alten kümmert…

roman_herzogRoman Herzog war von 1994 bis 1999 Bundespräsident. Für diese fünf Dienstjahre erhält er einen „Ehrensold“ und ein Aufwandsgeld von rund 300.000€ jährlich. Nimmt man Büro, Dienstwagen und das dafür erforderliche Personal hinzu, werden die Kosten der Allgemeinheit für ihn zwischen 500.000€ und 600.000€ betragen – Jahr für Jahr.

Am Samstag, dem 16.05.2015, meldet der FOCUS, Herzog habe verlautbart: „Die Älteren müssen sich schon fragen, ob sie zu sehr auf Kosten der Jüngeren leben.“ Er kritisierte in dem Zusammenhang die „Rundumversorgung“ des Staates im sozialen Bereich.

Zur Verdeutlichung: Das sagt einer, der Monat für Monat gut 35 mal mehr „Zuwendung“ vom Staat erhält, als ein/e Standardrenter/in aus der Rentenversicherung (45 Jahre Beiträge aus gesellschaftlichem Durchschnittseinkommen, das derzeit ca. 2.900€ im Monat beträgt) und 60 mal so viel, wie ein/e Rentner/in mit Grundversorgungsanspruch!

Mit der zu üppigen „Rundumversorgung“ meint Herzog nicht sich und seinesgleichen, sondern die Millionen Rentner und Rentnerinnen, von denen immer mehr in Altersarmut versinken.

Verliert jemand sein Schamgefühl, bezeichnet man ihn auch als unverschämt. Wenn die Unverschämtheit von Herzog eine einmalige Äußerung wäre, müsste man keine Zeile darüber verlieren und könnte sie schnell vergessen.

Das ist sie aber nicht. Über das „Roman Herzog Institut“ verbreitet Herzog seit Jahren die gleiche Litanei: Die Alten drohten die Jüngeren „auszuplündern“. Es drohe die „Altendemokratie“ – die Alten würden die Gesellschaft politisch dominieren.

Auch darüber könnte man hinweggehen, wenn es die Privatmeinung eines provokanten Politikers wäre.

Kann man aber nicht. Denn das „Roman Herzog Institut“ ist eine Art Think Tank, das ausschließlich von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und dem Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie finanziert wird. Eine lupenreine Lobbyorganisation, die zahlreiche, einschlägig als neoliberal bekannte „Experten“ als Zuarbeiter bezahlt. Unter ihnen Thomas Straubhaar, der mittlerweile so weit geht, von einer drohenden „Diktatur der Alten“ zu schwadronieren und eine grundgesetzändernde Wahlrechtskorrektur „empfiehlt“ (Näheres hier).

Zurück zum Instituts-Herzog. Der FOCUS zitiert ihn in der oben genannten online-Meldung:

Es müsse „jetzt ausgefochten werden, wie viel des Bruttosozialprodukts an wen verteilt wird“. Seine Mantra lautet: Weniger für die „Rundumversorgung“ im sozialen Bereich und mehr für den deutschen Mittelstand, der „mit großer Kreativität und Flexibilität den Laden am Laufen hält“.

Hier paart sich die Schamlosigkeit mit Dreistigkeit. Denn der Anteil, den die Rentnergeneration vom Bruttoinlandsprodukt erhält, ist seit 38 Jahren nahezu konstant geblieben, obwohl der Anteil der über 65 Jährigen an der Gesamtbevölkerung um 36% zugenommen hat! (siehe auch „Themen“beitrag – Anteilskurven)

Im Ergebnis ist der Anteil, den Rentner_innen pro Kopf vom erarbeiteten Bruttoinlandsprodukt erhalten, in dem Zeitraum um über 20% gesunken. Zu wenig für die Unternehmerinteressenverbände, sie wollen noch mehr für sich.

Wir tun gut daran, die Aufforderung zum Kampf anzunehmen. Es gibt etwas auszufechten: Wir müssen mindestens das zurückerobern, was man uns genommen hat, und unsere Anteile dann nachhaltig sichern.

(Beitrag: Reiner Heyse)