Leserbrief zu einer aufhetzenden Karikatur

Der unten stehende Leserbrief an die Nordwest-Zeitung (Auflage 110.000) erreichte uns und der Autor ist mit der Veröffentlichung auf unserer Seite einverstanden. Wir veröffentlichen den Brief, weil er zur Nachahmung anregt. Die kampagnenmäßigen Falschdarstellungen und die, einen Generationenkonflikt behauptgenden, Artikel in den Medien nehmen zu (Groko – Rentenpläne “unbezahlbar”). Sie werden die Arbeit der jetzt eingesetzten Rentenkommission mit Sicherheit begleiten. Leserbriefe bewirken zumindest, dass Journalisten Gegenstimmen hören und sich an ihren Berufsethos erinnern können.

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Leserbrief

zur Karikatur NWZ 26.04.2018

Medien im Kriegsmodus: Aufruf zum Krieg zwischen den Generationen.

89% der WahlbürgerInnen würden eine Partei, die die Renten kürzen will, nicht

wählen! (Das hat das Emnid-Institut in einer Umfrage im Februar 2015 ermiteltt)

Alle Wahlen zeigen aber, dass sie es doch tun.

Warum ist das so?

Weil Zeitungen – wie die NWZ am 26.04.2018 – Karrikaturen eines „Heimatmalers“ verbreiten, die fäschlich unterstellen, dass Renter zu Lasten ihrer Enkel Rente beziehen.

Ja, man könnte jetzt „Fake News“ beklagen, die von der NWZ verbreitet werden. Ich möchte lieber für die 89% der Wahlbürger sachlich argumentieren:

Wir, die arbeitende und erziehende Generation, betreuen unsere Kinder und versorgen unsere Alten in einem gesellschaftlichen Rahmen.

Das nennen wir Generationenvertrag.

Ein Vertrag zwischen drei Generationen.

Damit wir das leisten können arbeiten wir – leisten wir – und zahlen Beiträge in die Sozialversicherungen ein. Um als Rentner leben zu können, muss man vorher arbeiten und erziehen.

Renten sind erarbeitete Einkommen.

Der ehemalige Sozialrichter und Rentenexperten Dr. Jürgen Borchert formuliert das so:

Das System der Zukunftssicherung setzt immer voraus, dass wir eine Nachwuchsgeneration haben, die gut ausgebildet, willens und in der Lage ist, die Alten zu versorgen.

Frühere Generationen hatten das begriffen. Die Infrastruktur der Gründerzeit gibt davon Zeugnis. Die Infrastruktur – öffentliche Gebäude, Schulen und Universitäten – wurden für die Zukunft, für die nächsten Generationen gebaut und erhalten.

Die neoliberale Ideologie verleugnet Solidarität als Element des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Sie kennt nur Konkurrenz als Gegenteil von Solidarität.

Die Kapitalinhaber haben auch einen Generationenvertrag, der heisst „Erbschaft“.

Erbe wird man durch Geburt, nicht durch Leistung.

Die Erben erhalten ein „leistungsloses“ Einkommen.

(H. Kemper, Brake, 05.05.2018)

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8 Kommentare

  1. So sollte es sein.Wir hätten eine völlig andere Rentenpolitik, wenn alle Einkommen einzuzahlen hätten. . . . Das Totschlagargument der Gegner: Wenn alle einzahlen dann haben ja auch alle Ansprüche – ja klar haben alle die einzahlen auch Ansprüche, aber wo ist das Problem? Dann würden sich auch endlich alle an gesamtgesellschaftlichen Aufgaben beteiligen, was jetzt zu einem Großteil nur die gesetzl. Rentenversicherten müssen! Solange unser Zweiklassensystem nicht schnellst möglich in eine gesetzl. Rentenversicherung umgewandelt wird, die alle Einkommen zur Finanzierung heranzieht, ist weiterer Unfrieden programmiert. Demografische und sonstige Entwicklungen gehen offensichtlich an Beamten, anders berufständisch Versicherten, Selbständige und Politiker vorbei. Der Gesetzgeber ist zugleich der Empfänger von Pensionen. Über Rentenfragen entscheiden nur Personen, die davon in keiner Weise betroffen sind. Das Grundgesetz hat mit dem Art. 33 Absatz 5, in sich selbst von Anfang an ungleiche Behandlung der Bürger installiert, indem es Bürger allein deshalb besser stellt, ab dem Moment wo sie Beamte sind. Das Beamtentum ist nach “hergebrachten” Grundsätzen zu regeln. Welchen “hergebrachten” Grundsätzen? Die aus der Zeit von 1933 bis 45? oder aus dem Ständestaat des 19. Jahrhunderts? Das BVerfG in einem Urteil v. 27.09.2005 2 BvR 1387/02; Hergebrachte Grundsätze des Beamtentums im Sinne des Art.33 Abs.5 GG und verweist hier in den Abs. 96/97 (von 148) auf den § 10 des preußischen Pensionsgesetzes vom 27.3.1872 – Das BVerfG hat zur Beamtenbesoldung befunden, dass fiskale Engen die Alimentationspflicht NICHT beeinträchtigen dürfen, besonders nicht die Angemessenheit!
    . . . Damit ist Art 3. alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, ad absurdum geführt und die dadurch entstandenen Ungleichbehandlungen systemimmanent. Ein derartiges Zweiklassenrecht kann niemals dauerhaft friedlich bleiben. Es bedarf einer Erwerbstätigenversicherung, die alle Einkommen erfasst, ohne private Saugnäpfe dazwischen ohne Beitragsbemessungsgrenze, Auszahlungen nach unten wie oben gedeckelt. Wäre der Riester-Rürupbetrug, die Teilprivatisierung der gRV und die vielen anderen Rentenkürzungen durchgesetzt worden, wenn alle Einkommen gleichermaßen von rentenpolitischen Entscheidungen betroffen wären? Ein wirkliches Solidarsystem erfordert die Einbindung aller Bürger in allen drei Lebensphasen. Denn alle Bürger profitieren in jungen Jahren von dieser Solidarität (Schule, Ausbildung) ebenso wie im Alter (Rente, Pension), aber diejenigen, die im Alter am meisten von dieser Solidarität profitieren, klinken sich während ihres Berufslebens kraft eigener Entscheidungsbefugnis aus dem Solidarsystem aus.

  2. Nicht vergessen bitte, die Menschen die in Zeitarbeitsverträgen stecken oder sogar unter Mindestlohn bezahlt werden. Heute morgen noch gelesen eine menge Menschen die unter 2000 € gehalt liegen. Ja und diese Dinge die Vorgestern bei Anne Will in verbindung zur Deutschen Post gesagt wurden die aber sicherlich nur die Spitzes der prikären Beschäftigungsverhältnisse zahlreicher sehr großen Unternehmen darstellen. Ausdrücklich weise ich da auf Amazone hin aber auch andere die Anschaulich in ihrer Gesinnung durch einen einzelnen Vertreter seiner Gattung bei Hart aber Fair in seiner Einstellung und bewundert werden konnte und noch mehr unabhängikeit der Unternehmen vom Staat will anderseits aber dort noch mehr Einfluss nehmen möchte. Für mich ist diese uminöse Schere zwischen Arm und Reich längst zerbrochen und die Spaltung der Gesellschaft auch schon sehr weit fortgeschritten in einigen Bereichen wohl überhaupt nicht mehr vorhanden.

  3. Wenn der Staat das in die Rentenkasse zurück zahlen würde was er unberechtigt entnommen hat brauchten wir diese ganzen Diskussionen um die Rente nicht mehr führen

  4. es ist ganz “einfach” der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung ist steuerfrei. Daher kamen die Politiker auf die gloreiche Idee den Rentnern auf diesem Umweg doch in die Tasche zu greifen >:-(

  5. Ja, Generationenkonflikt, das könnte denen so passen, um davon abzulenken, wo die eigentlichen Ursachen zu suchen sind. Der Markt regelt alles und die Globalisierung mit gleichzeitiger Abschaffung der Grenzen in Europa haben dazu geführt, dass Arbeit die eigene Rente nicht mehr finanziert und der Rentner schon gar nicht. Dabei ist alles so einfach: 1. MwSt für Luxusartikel anheben.
    2. Steuern für hohe Eikommen anheben
    3. Steuerprogression weg und für niedrige Einkommen senken
    4. Erbschaftssteuer anheben
    5. Endlich Politik machen für alle Bürger.
    Um nur die wichtigsten Punkte zu nennen, die Liste der Ungerechtigkeiten ist lang. Das fängt bei unserem angeblichen Rechtsstaat an. Wer kein Geld hat, kommt gar zum Gericht, höchstens als Angeklagter.

  6. Renten sind erarbeitete Einkommen wurden schon versteuert.
    Wieso fordert der Staat nochmals Steuer auf die Renten?
    Kann mir das jemand erklären?

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